Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Montag, 18. März 2013
Einige Betrachtungen zu prä- und postpubertären Obszönitäten
Bei uns im Kindergarten waren Ende der 50er Jahre Klein-Fritzchen-Witze sehr beliebt. Die Kleinen erzählten vom Kacken und Furzen und Vögeln. Zum Beispiel, dass Klein-Fritzchen auf dem Dachboden ein großes Loch mit einem Propeller darin entdeckt und denkt es wäre eine Toilette. Also zieht er sich die Hose herunter und kackt in das Loch im Boden. Seine Familie im Wohnzimmer unter ihm beschließt, den Ventilator anzuschalten, weil es etwas stickig ist.
Dieser Lieblingswitz meines damaligen Kumpels fand in unserer Kindergartengruppe hinter vorgehaltener Hand großen Anklang. Da aber bei uns zu Hause das Scheißen und Pissen nicht sonderlich tabubeladen war, fragte ich mich, was denn daran komisch sein solle. Zum Glück habe ich nicht unseren Pfarrer, vor dem ich Angst hatte, gefragt (es war ein konfessioneller Kindergarten). Ende der 50er Jahre hätte es vielleicht schamhaftes Beschweigen oder eine inquisitorische Befragung nach dem „Täter“ („Wer hat diesen dreckigen Witz erzählt?“) gegeben.

Vor einigen Jahren als eine Bekannte von mir noch Kita-Leiterin war, wurde sie mal von den Eltern eines Kindes mit dem Thema ‚sexueller Missbrauch‘ konfrontiert. Die Eltern beschuldigten einen Sechsjährigen des Missbrauchs, weil er mit einem gleichaltrigen Mädchen „kopulieren“ imitiert hatte. Die Beiden waren vollständig bekleidet und probierten im Garten der Kita aus, wie das wohl gehen sollte, was die Erwachsenen so tun. Sie sind nicht dahinter gekommen, wie die Erwachsenen das anstellen und auch nicht warum sie es überhaupt tun. Na egal, das Mädchen erzählte zu Hause davon und der Skandal war riesengroß. Dass auch Fünfjährige die Neugier in Bezug auf Sex u. ä. plagen könnte, spielte wohl keine große Rolle.

Manchmal frage ich mich, ob es in den letzten 50 Jahren wirklich so große Veränderungen bezüglich moralischer Tabus gab, oder ob sich nur die Peinlichkeitsformen der Tabus verändert haben. Vor 50 Jahren wurden die Moralvorstellungen der Kirche verantwortlich gemacht, woher rühren die Tabus der Gegenwart?

Ob bei Kinder die Klein-Fritzchen-Witze immer noch beliebt sind? Im Netz jedenfalls sind solche Witze nur noch in der Erwachsenenform zu finden:
Fritzchen sitzt mit seinen Eltern in der Oper. Plötzlich fragt er: 'Warum droht der Mann denn der Frau mit seinem Stock?' - 'Aber Junge, der droht nicht, das ist der Dirigent!' - 'Und warum schreit sie dann so?'
Fritzchen kommt aufgeregt zum Lehrer: "Mein Papa kann zaubern!"
"So, was kann er denn zaubern?", fragt der Lehrer.
"Er kann machen, dass die Luft stinkt..."
Eine zeitgenössischere Form der Pubertätswitze: Two and a half men - Charlie Waffles live - Ich hab einen Schnabelbecher (Mamas Busen)

und so weiter

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