Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Mittwoch, 18. August 2010
Familiengeschichten VII
Am Fachbereich Chemie wie auch bei den Juristen gab es in den 70er und 80er Jahren eine hohe Konzentration an Lehrkräften, die Mitglied in der Notgemeinschaft für eine freie Universität waren. Für die Jüngeren unter uns: Die NoFU war eine Trutzgemeinschaft gegen den Pöbel und gegen Andersgläubige, die ihre angestammten Freiheiten als Ordinarien und in allen anderen Teilbereichen der Gesellschaft in Frage stellten. Ihr bekanntester Vertreter war und ist Roman Herzog. Sie wirkte wesentlich im Verborgenen und wenn man an diesem Fachbereich studierte, musste man vorsichtig sein, sehr vorsichtig, insbesondere wenn man nach dem Studium eine Stelle als Ingenieur haben wollte (Zeitungsausträger oder Taxifahrer konnte damals noch jeder werden. Ach goldene Zeit, früher war eben doch einiges besser, aber auf mich hört ja keiner.). An der TU gab es auch den einen oder anderen Vertreter dieser Gruppierung, insgesamt aber ging es gelassener zu (Schade eigentlich, dass kein eigenständiger Geheimbund, etwa die NoTU gegründet wurde. NoTU hätte gut zu Tunix und Tuwat gepasst. Man kann nicht alles haben im Leben.)

Ich hatte damals einen Kumpel und Arbeitskollegen, der Chemiker (oder wie ein Freund von mir immer sagt, ein elender Molekularphysiker) war und sich zu Recht Sorgen machte, dass seine Mitarbeit in der Fachschaft irgendwann Probleme verursachen würde (So kam es dann auch: in einem Bewerbungsgespräch sollte er Auskunft über seine damaligen Aktivitäten geben). Aber was wollte ich eigentlich erzählen? Ach ja,

eines Abends kam er in die Kneipe und strahlte über das ganze Gesicht.

„Heute bin ich Akademikersohn geworden!“

Sein Vater hatte ein Seniorenstudium abgeschlossen und an diesem Tag sein Examen bestanden.

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