Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Montag, 4. Mai 2009
In der Murellenschlucht
Unsere Wanderung beginnt am S-Bahnhof Pichelsberg. Sie verlassen den Bahnhof in nordwestlicher Richtung (Glockenturm/Waldbühne). Auf der Fußgängerbrücke gehen sie nach rechts bis zu einer Tennisanlage, die wir zunächst umrunden müssen.
Sie wundern sich über diesen Unfug? Nun, wahrscheinlich stammt die Genehmigung, den Tennisplatz direkt vor dem Bahnhofsausgang zu bauen noch aus der Zeit als die S-Bahn unter der Regie der Reichsbahn betrieben wurde. Der Senat und die Bezirksämter versuchten damals der S-Bahn das Wasser abzugraben, indem sie einerseits den Fahrgästen der Bahn das Leben schwer machten und gleichzeitig alternative Strecken der U-Bahn bauten. Mit der Übernahme der S-Bahn durch die BVG und später der Wiedervereinigung erbte man dadurch eine Reihe von Problemen.

Berlin-Charlottengurg Naturschutzgebiet MurellenschluchtAlso: um den Tennisplatz herum, am Elsa-Rendschmidt-Weg links bis zur Glockenturmstraße. Ein Blick nach rechts: Am Ende der Strasse sehen wir den Glockenturm des Maifeldes, aber das ist eine andere Geschichte. Auf der anderen Straßenseite ist ein Erdgasspeicher der GASAG. Gehen sie wenige Schritte nach links und biegen in den Fußweg zwischen der Glockenturmbrücke und dem Erdgasspeicher ein.

Der Weg führt uns durch den Wald bis zu einer Weggabelung, links geht’s auf den Murellenberg, rechts in die Murellenschlucht . Murellen sind eine alte Kirschsorte.

Der Murellenberg erhebt sich ca. 60 Meter und ist eine Endmoräne des Berliner Urstromtals. Ob man eine Erhebung von sechzig Metern einen Berg nennen sollte, ist eine Frage, die ein Schweizer anders als ein Berliner, der außer einigen Moränen und Trümmerbergen keine Berge, Hügel, Höhen o.ä. kennt, beantworten wird. Die Murellenschlucht ist bis zu 30 Meter tief und bietet Wildbienen und Schmetterlingen einen Lebensraum, der in einer Großstadt selten ist. Das Gelände ist 28 Hektar groß und seit 1993 als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Charlottenburg Blick in die Murellenschlucht


Wir folgen zunächst dem Weg durch das Murellenfließ, tauchen bald wieder in den Wald ein, bis wir die Spiegel und die Treppe auf den Berg erreichen. Einige Spiegel sind mit Texten versehen, die Auskunft über den Erschießungsplatz der Wehrmacht auf dem Murellenberg geben.Denkzeichen am Murellenbegr

Die Treppe hoch.

Die militärischen Anlagen mit Kasernen und Schießständen am Murellenberg existieren seit 1840.
Während des Nationalsozialismus war hier eine Wehrmachtshinrichtungsstätte, der „Erschießungsplatz V der deutschen Wehrmacht Standort Berlin“. Insbesondere gegen Ende des 2. Weltkrieges wurden hier zahlreiche Todesurteile vollstreckt, von August 1944 bis April 1945 wurden 245 Deserteure, Wehrdienst- und Befehlsverweigerer hier standrechtlich erschossen. Standgerichte kannten zu dieser Zeit nur Freispruch oder Todesstrafe, Rechtsmittel gegen ein Urteil gab es nicht. Erst 1998 hob der deutsche Bundestag die Entscheidungen der NS-Terrorjustiz auf, seit 2002 müssen die Opfer bzw. die Angehörigen der Opfer der Militärjustiz auch nicht mehr die entwürdigende Einzelfallprüfung für ihre Rehabilitierung erdulden.
Durch die Militärjustiz wurden ca. 30.000 Todesurteile ausgesprochen und 23.000 davon vollstreckt.

Seit 2002 steht das von Patricia Pisani gestaltete „Denkzeichen“ für die Opfer an der Hinrichtungsstätte.

Nach dem Krieg wurde die Anlage von den Briten, ab 1990 von der Berliner Polizei genutzt.

Wir folgen dem Zaun der Schießanlage abwärts bis wir wieder im Tal sind.

Murellenschlucht


Nach wenigen Minuten erreichen wir den Friedhof Ruhleben und den Hempelsteig, dem wir nach links folgen. Der Hempelsteig wurde nach dem Kommunalpolitiker Carl Hempel (1833 – 1903) benannt, ob er ein Sofa besaß ist nicht bekannt.

Charlottenburg Hempelsteig zum Krematorium Ruhleben Nach etwa 300 Metern erreichen wir den Friedhof und das Krematorium Ruhleben.

Am Friedhofsparkplatz biegen wir nach rechts ab auf die Strasse Am Hain und nehmen am Charlottenburger Damm den Bus 131 bis zum U-Bahnhof Ruhleben oder den M45 bis Zoologischer Garten.

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Montag, 20. April 2009
Frühlingsspaziergang
Nach dem Winterspaziergang im Naturpark haben wir uns das Gelände des alten Rangierbahnhofs Tempelhof erneut angesehen.
Eintritt bezahlt außer uns immer noch niemand, aber

Tempelhof Naturschutzgebiet Priesterweg: Blick auf den Wasserturm im Frühjahr


die Birken sind inzwischen mit hellen, noch zarten grünen Blättern bedeckt. Blüten sind so früh im Jahr kaum zu sehen, die Trockenrasenflächen noch einheitlich, keine Hummeln, Bienen oder Schmetterlinge bevölkern die Flächen. Nur ein einzelner Kirschbaum blühte.

Naturschutzgebiet Priesterweg: Trockenrasenfläche


Wir sind ja auch erst im April und trotz der Sonne war es kalt und windig. Eine knappe Stunde haben wir uns gegönnt an diesem Sonntagvormittag.

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Donnerstag, 11. Dezember 2008
Winterspaziergang

Wir beginnen unseren Spaziergang am S-Bahnhof Priesterweg und folgen dem Hinweisschild zum Natur-Park (der affige Bindestrich muss wohl heutzutage sein?). Da weder eine elektronische Sperre noch ein Parkwächter das Tor bewachen, fragen wir uns, ob wir die Einzigen sind, die eine Karte lösen? Egal, der Euro wird uns und auch sie nicht arm machen. Vor uns liegt die alte Bahnmeisterei mit dem Wasserturm.

Im Frühjahr kann man sich die Ausstellung, die recht informativ sein soll, ansehen. Über das Wortspielchen gehen wir beiläufig, aber ungnädig, hinweg.



Auf dem 18 Hektar großen Gelände des 1875 errichteten Tempelhofer Rangierbahnhofs ist eine funktionsfähige Drehscheibe und diverse Kunstobjekte.

Ob hier auch Deportationszüge zusammengestellt wurden?

Wahrscheinlich, da der Rangierbahnhof auch für die Anhalterbahn tätig war, auf der die Züge nach Theresienstadt fuhren.

Die Spazierwege führen entlang der verschiedenen Schienenstränge über Trockenrasengebiete durch den, seit der Stilllegung 1952 des Geländes durch die Reichsbahn entstandenen Wald.

An der Westseite quitscht alle zehn Minuten eine S-Bahn vorbei, an der östlichen Seite von Zeit zu Zeit ein Regionalzug in die Jühnsdorfer Heide und den Fläming.

Nach einer Stunde stromern in der klaren, winterlichen Sonne hatten wir genug und verließen den Park durch den Nordausgang zum Bahnhof Südkreuz.



Im Frühjahr, Sommer und im Herbst werden wir uns das wieder ansehen.

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